Schneller als der Tod
Zusammenfassung zu “Schneller als der Tod”
Dr. Peter Brown ist Assistenzarzt in einer ganz normal wahnsinnigen Klinik. Um dem Klinikalltag gerecht zu werden, gebraucht er reichlich Drogen, die ja in jedem Krankenhaus auch jederzeit verfügbar sind. Nichtsdestotrotz ist Dr. Brown bemüht, das Wohl seiner Patienten im Auge zu behalten. Vor allem das eines bestimmten Patienten – eines Ex-Mafiabosses. Wenn dieser nämlich stirbt, muss auch Dr. Brown sterben, der nämlich eigentlich ein Ex-Mafiakiller namens Pietro im Zeugenschutzprogramm ist. Stirbt Eddy Sqillante hingegen nicht, wird er Dr. Brown auch nicht verraten. Ein klarer Deal! Das Problem – der Mafiaboss ist todkrank und kann eigentlich gar nicht mehr gerettet werden. Und wohl er erst recht nicht von Dr. Friendly, der zwar ein Promi-Chirug ist, aber wohl nur, weil er gekonnt seine Sterbestatistiken und OP-Statistiken fälscht. Also muss Dr. Brown selbst ran. Im Wettlauf mit der Zeit und immer munter durch Klinikflure hetzend – dabei noch das eine oder andere medizinische Problem lösend findet Dr. Brown – oder vielmehr der Autor – die Zeit für eine Menge Rückblenden. Erzählt wird davon, wie Pietro Brnwa, der Enkel von polnischen Einwanderern, überhaupt zur Mafia kam, wie er, zunächst um seine ermordeten Großeltern zu rächen, zum Killer wurde, wie er sich dann mit seinem Jugendfreund, seinerseits Sohn eines Mafiaanwaltes und später ebenfalls Mafiosi, tödlich zerstritt. Es ist Zeit dafür, davon zu erzählen, wie es zu diesem Streit kam, wie der daraus resultierende Tod von Pietros Freundin zu seinem Bruch mit der Mafia führte. Pietro sagt aus und kommt in das Zeugenschutzprogramm und bekommt sogar eine Ausbildung zum Arzt spendiert. Die ihn dann wieder als Dr. Peter Brown nach Manhattan führt. Beziehungsweise in der Schlussszene sogar in ein Kühlhaus des Krankenhauses, in dem ihm seine – vom FBI spendierten – medizinische Kenntnisse bei einem Messerkampf sehr nützlich werden.
Zitate
„Schließlich steigt man wieder in den Bus, um nach Birkenau zu fahren, in das Todeslager. (Pardon – Brzezinka. Auch von Birkenau liest man in Polen nichts.) Dort, in den großen, verfallenen römischen Bädern der Todesfabrik, weinen selbst die Europäer. Die Traurigkeit dieser Stätte ist förmlich zu hören, ein Kratzen, das durch die Ohren eindringt.“
„Friendly stiefelt unterdessen mit einem Klammergerät umher und heftet das Papiertuch an Squillantes Haut fest. Das Klammern erschreckt einen ziemlich, wenn man es zum ersten Mal sieht. Aber die Verletzungen sind gegenüber den durch die Operation entstehenden minimal, und die Chirurgen der alten Schule schwören darauf. Also schwören auch Leute darauf, die es den Vertretern der alten Schule nachtun möchten.“
„Ich bin Arzt geblieben, solange ich konnte. Ich weiß, ich habe etwas gutzumachen, und ich bin froh, dass ich als Arzt gezwungen war, meine Schuld abzutragen, und dass jeder Tag als Arzt meine gute Tat mit sich gebracht hat, so dass ich die Gelegenheit dazu nicht erst suchen musste.“
Persönliche Bewertung
Große Literatur im Thrillerformat – aus einem Mafia-Killer wird ein Lebensretter
Der Erstlingsroman von Josh Bazell fängt schon ausgesprochen vielversprechend an: Ein völlig gestresster Arzt entpuppt sich als Ex-Mafiakiller im Zeugenschutzprogramm. Bazells Sprache dabei: humorvoll, sarkastisch, obskur, überzogen. Genauso obskur und überzogen wie die ganze Geschichte, die in rasantem Tempo erzählt wird. Schnell fühlt der geneigte Leser sich an Quentin-Tarantino-Filme erinnert. Vor allem, wenn dann noch das eine oder andere, sinnlos daher kommende, ansprechend geschilderte Gemetzel eingestreut wird. Eigentümlicherweise gibt es sogar eine Reise nach Polen, um die Konzentrationslager zu besuchen. An dieser Stelle wird es übrigens richtig böse. Wie auch die Schilderung des Krankenhausalltages vermuten lässt, dass sie soweit nicht von Realität entfernt sein kann, denn das, was Bazell da so schildert, kann er sich (der auch Medizin studierte) schwerlich ausgedacht haben. Aber wirklich interessant ist der eigentliche Plot nicht, denn oberflächlich gesehen passiert nicht mehr, als dass ein Ex-Mafiosi von seiner Vergangenheit eingeholt wird, und das ganze Geschehen mit reichlich blutig obskuren Szenen garniert wird. Sogar ein Haifischbecken gibt es – in dem ein unschuldiges Opfer tatsächlich zerfressen wird. Richtig interessant und atemberaubend spannend wird der Thriller auf einer anderen Ebenen, an den Stellen, an denen Bazell die Perspektive eines Arztes mit der eines Berufskillers zusammenführt. Erschreckt stellt der Leser fest, dass beide Berufe einen ähnlich abgestumpften Blick auf das menschliche Leid haben. Und noch interessanter wird es, weil Bazell seinen Protagonisten immer wieder vor moralische Entscheidungen stellt, an denen sich am Ende zeigen wird, ob er nun dem Eid des Hippokrates oder doch eher alten Mafiagewohnheiten verpflichtet ist. Dazwischen eingestreut – eine wunderschöne Liebesgeschichte, und eine ganz große Lebenslüge. So kann man also ganz große Literatur in einen atemberaubend spannenden, blutrünstig-amüsanten Thriller verpacken. Mag es hier und da auch Ecken und Kanten geben – im Ganzen gesehen, ist das Buch ein großer Wurf. Fazit: Große Literatur im Thrillerformat – aus einem Mafia-Killer wird ein Lebensretter: der Unterschied zwischen Gut und Böse ist oft nur eine Entscheidung weit entfernt. Gespannt wartet die Rezensentin auf den Folgeroman.
- Originaltitel
- Beat the Reaper
- ISBN10
- 3596184169
- ISBN13
- 9783596184163
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2010
- Taschenbuchausgabe
- 304 Seiten