Sandersommer
Zusammenfassung zu “Sandersommer”
Jette Dankers ist ein Kindergartenkind und sehnt sich danach, endlich in die Schule zu kommen. Im Kindergarten ist es ihr mittlerweile zu langweilig geworden, immerhin fängt sie schon an zu lesen, und ihre Sachen werden ihr auch zu klein. Da wird es langsam Zeit, dass sie einen Erlaubniszettel ihrer Eltern erhält, um alleine vom Kindergarten nach Hause zu gehen. Neben diesen kleinen Veränderungen wird es in Jettes Leben aufregend, als die Geburt ihres Cousins Sander bevorsteht. Sie versteht nicht, warum die Erwachsenen Angst vor einer Frühgeburt haben, für sie kann es gar nicht schnell genug gehen. Als es dann soweit ist, macht sie sich mit ihrer Oma im Zug auf den Weg ins Krankenhaus für einen ersten Besuch. Einige Zeit später darf Sander nach Hause und Jettes Katze Miralda wohnt fortan nicht mehr nur bei ihr. Dass die Befürchtungen der Erwachsenen um Sanders frühzeitige Geburt leider nicht grundlos waren, muss Jette schon bald erfahren…
Wichtige Charaktere
- Jette Dankers
- ihr Cousin Sander
- ihre Katze Miralda
- ihre Eltern
- ihre Tanten Greta und Ruth
- Oma Kurt
- Dr. Hoffmann
- Natascha und Johann
- Lieke
Zitate
„Morgens liegt Miralda neben Jettes Kopfkissen. Heute Nachmittag kommt Mama von Greta und Ruth zurück.
Waschen geht schnell: einmal die Hände nass machen, auf die Augen legen.
Heute Morgen wollen die Haare nicht am Kopf bleiben. Links und rechts stellen sie sich hoch wie neugierige Antennen-Tiere.
Mama legt ihr immer Bebi-Sachen raus. Heute zieht Jette an, was sie will. Papa guckt überhaupt nicht hin.
Jette faltet gerade den siebten Pulli auseinander und quetscht ihn zurück in den Schrank. Da kommt Papa herein.“
„Jette läuft auf Johann zu.
‚Ein Brief für meine Tanten. Hab ich auf dem Friedhof geschrieben. Können wir ihn ins Fax schieben? Greta ist im Milan-Krankenhaus.‘
Jette schiebt den Zettel zu Johann hinüber und zieht ihn schnell wieder zurück: ‚Warte, ich les dir vor:
IN LIEBE MAMA LETZTER GRUSS DEIN SINGKREIS‘
‚Du bist beinahe ein Schulkind, Jette, das merkt doch jeder.‘
Von Jette kommt ein tiefer Seufzer: ‚Ich will in die Schule. Hier ist alles bebi. Und guck mal: Da ist mein Erlaubnis-Zettel.‘
Johann bestaunt den gelben Bogen mit Papas Schrift. ‚Den bewahren wir gut auf, Komm, wir schicken dein Fax.'“
Links
Persönliche Bewertung
In den Kinderalltag eingebettete Erfahrung mit dem Tod eines Säuglings
Das Buch „Sandersommer“ ist durch seine Thematik kein leichtes, kein Wohlfühlbuch, und dennoch ist auch hier das Bewertungskriterium „Lesespaß“ verwendet worden. Damit soll ausgedrückt werden, dass es sich durchaus lohnen kann, dieses Buch zu lesen, ist es doch in einigen Aspekten überdurchschnittlich einzustufen. Helga Gutowski verflechtet die Entwicklung der Hauptfigur Jette vom Kindergartenkind zum Schulkind mit der frühen Geburt und dem frühen Tod ihres Cousins Sander. Die Thematik um den Tod eines Menschen fließt dabei peu à peu in die Handlung ein, und wird behutsam aufgebaut. So begleitet Jette ihre Oma, die schon zwei Menschen verloren hat, regelmäßig auf den Friedhof. Im Krankenhaus befragt sie den Arzt über das Sterben von Kindern, bei einem erneuten Friedhofsbesuch trifft sie auf einen Jungen, dessen Schwester verstorben ist. Bevor ihr Cousin stirbt, beerdigen Jette und ihre Kindergartenkinder auf einem Ausflug einen toten Vogel, später folgt die Beerdigung von Sander.
Aus auktorialer Erzählperspektive erfährt man aber auch etwas über die Beziehung von Jette zu ihrer Mutter und zu ihrem Vater. Darüber, dass beide Elternteile arbeiten, die Mutter überarbeitet ist und der Vater Jette mehr durchgehen lässt, weil er es nicht bemerkt oder ihr mehr zutraut. Szenen wie das Einüben des Schulwegs, die Zugfahrt oder der Besuch bei Sander zu Hause lockern die traurige Grundstimmung des Buchs ebenso ein wenig auf wie die Bilder der Katze Miralda, der Kerstin Meyer Leben eingehaucht hat. Alle in schwarz-weiß gehaltenen Illustrationen lockern das Buch der Stimmung der Geschichte angemessen auf, besonders Wut und Trauer hat Kerstin Meyer sehr authentisch zum Ausdruck gebracht, ohne zu gruselig zu wirken. An einigen wenigen Stellen des Buchs, etwa wenn Jette ein Fax aus Trauerschleifenworten verfasst, ist das Buch sogar humorvoll.
Bei allem Alltäglichen und bei aller Trauer schafft es Helga Gutowski, die Perspektive des Kindes realistisch wiederzugeben. Sei es auf dem Friedhof, wo Jette sich mit einer Trauernden unterhält, beim Versuch nicht auf die Fugen von Steinen zu treten, da es ihr zufolge Unglück bringt oder aber bei der Schwierigkeit, die eigene Freude trotz des Todes vor der trauernden Mutter zu verbergen. Auch am Ende bei der Beerdigung wird deutlich, dass Kinder eine andere Wahrnehmung auf Dinge und Ereignisse haben können als Erwachsene. Emotional wird das Buch spätestens bei der Meldung des Todes. Die anschließende Trauer und die Beerdigungszeremonie, wühlen all jene auf, die so etwas schon einmal erlebt haben. Aber auch hier belässt es die Autorin nicht bei Traurigkeit, sondern ergänzt das Ganze noch um etwas zum Schmunzeln und etwas fürs Herz. Stilistisch pendelt der Text leider stark zwischen immer wieder sehr einfach aufgebauten kurzen Sätzen einerseits, und durchaus vereinzelter bildhafter Sprache andererseits, von der es gerne mehr hätte sein dürfen. Modern und löblich ist die Wahl zweier Frauen als Eltern, was aufgrund des Oberthemas aber nicht zentral und ausgiebig thematisiert wurde, sowie der Verzicht darauf, dem Thema einen dogmatischen Überbau durch Kirche oder andere Institutionen aufzusetzen.
Fazit
„Sandersommer“ ist kein heiteres Buch für den Strand, sondern eine Lektüre für Menschen, die mit dem Verlust eines Kindes umgehen lernen müssen. Kinder im Übergang vom Kindergarten zur Schule finden hier zudem eine Identifikationsfigur, die ähnliches wie sie selber erlebt hat. Eltern sollten ihre Kinder beim Lesen nicht alleine lassen, für beide Seiten kann das Buch hilfreiche Impulse zur Verarbeitung frischer oder vergangener Trauerfälle bieten.
- ISBN10
- 3499216620
- ISBN13
- 9783499216626
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013
- Gebundene Ausgabe
- 144 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 6 Jahren