Wildwood (2) – Das Geheimnis unter dem Wald
Zusammenfassung zu “Wildwood (2) – Das Geheimnis unter dem Wald”
Seit Prue mit ihrem Bruder Mac aus der Undurchdringlichen Wildnis zurückgekehrt ist, spürt sie eine Sehnsucht nach dem Wilden Wald und seinen Bewohnern. Sie kann die Stimmen der Pflanzen vernehmen, sich auf die Schule zu konzentrieren fällt ihr schwer, besonders da sie mit den Erinnerungen an ihre Abenteuer allein ist. Welche Erleichterung, sich ihrer Biologielehrerin Darla Thennis anvertrauen zu können. Doch die freundliche Lehrerin stellt sich als Attentäterin heraus, als Kitsune (Gestaltwandlerin, die sich in einen schwarzen Fuchs und einen Menschen verwandeln kann), die es auf Prues Leben abgesehen hat. Nur die Rettung durch ihren Freund Curtis kann verhindern, dass Darla Erfolg hat. Prue begleitet Curtis mit in den Wilden Wald und findet bei den Räubern Unterschlupf, die sie in ihrem unterirdischen Versteck vor den Attentätern schützen wollen. Doch Prue muss einem Ruf zum Ratsbaum folgen, denn sie ahnt, dass schlimmes Unheil droht und dass Iphigenia, die älteste Mystikerin in Gefahr ist…
Zeitgleich machen sich Curtis‘ Eltern auf den Weg nach Europa, um einem Hinweis auf ihren verlorenen Sohn nachzugehen. Ihre beiden Töchter sollen in diesen zwei Wochen imWaisenhaus von Mr Unthank unterkommen. Schnell merken Elsie und Rachel, dass der Waisenhausbesitzer ein Ausbeuter und ein herzloser Mensch ist, der die Kinder in seiner Maschinenteilefabrik schuften lässt. Ungezogenheiten und Ungeschicklichkeiten werden mit Strafpunkten geahndet, bei drei Strafpunkten gilt ein Kind als „unadoptierbar“, wird in Mr Unthanks Büro bestellt und nie wieder gesehen. Elsie, Rachel und ihrer Freundin Martha droht dieses Schicksal, und sie kommen hinter das Geheimnis der „unadoptierbaren Kinder“ und Mr Unthanks Besessenheit mit der Undurchdringlichen Wildnis…
Wichtige Charaktere
- Prue McKeel
- Curtis Mehlberg
- Rachel und Elsie Mehlberg
- die Ratte Septimus
- Martha Song
- Carol Grod
- Darla Thennis
- Joffrey und Desdemona Unthank
- Bradley Wigman
- Esben Clampett
- Roger Swindon
- Sir Timothy Mole
- Bartholomew Mole
- die älteste Mystikerin Iphigenia
- die Antilope Timon
Zitate
„Das einfache Lager war in eine der großen oberirdischen Wurzeln des Baumes geschmiegt wie ein Baby in den Arm einer fürsorglichen Mutter. Die Oberfläche bestand aus einer dicken Moosschicht und war mit den schlichten Farben winterlicher Pflanzen geschmückt: dem sanften Weiß der Schneebeeren, dem hellen Rot der Stechpalmenfrüchte und dem blassen Grün der Disteln. All diese liebevoll zusammengestellten Einzelheiten bildeten eine Art Bett.“
„‚Waldzauber‘, verbesserte ihn der dünne Mann.
‚Richtig.‘ Unthank hielt inne. ‚Was ist das eigentlich genau?‘
‚Er ist die Essenz des Waldes, und sie fließt in den Adern eines jeden, der dort geboren wurde. Es heißt, wir stammen von den Bäumen selbst ab. Ihr Außenweltler wisst erschütternd wenig über das, was sich jenseits der Peripherie abspielt, in den Wäldern, die ihr so salopp die Undurchdringliche Wildnis nennt. Es ist ein Ort, an dem vielfältiges Leben pulsiert. Und ich biete Ihnen exklusiven Zugang, etwas, das meines Wissens in der Geschichte unserer Koexistenz kein Waldianer je einem Außenweltler angeboten hat.'“
„Desdemona saß auf dem Sofa. Teilnahmslos betrachtete sie die Zeitschriften auf dem Tischchen und stellte fest, dass keine einzige davon sie reizte. Das 1%-Journal? Was bedeutete das überhaupt? Sie verstand das Industriellengemüt einfach nicht, es war ihr schon immer fremd gewesen. Sie hatte sich mit ihnen eingelassen, weil das Geld sie angezogen hatte – das hatte ihr Cousin Dmitri ihr in seiner E-Mail aus New York geraten. ‚Wenn du es hier schaffen willst, Dessie‘, hatte er geschrieben, ‚musst du dem Geld folgen.‘ Also hatte sie genau das getan. Und das Geld hatte sie zu Joffrey Unthank und dem Industriellenquintett geführt. Desdemona hatte durchaus das Gefühl, dass Dmitris Ratschlag vernünftig gewesen war, auch wenn sie inzwischen begriffen hatte, dass zu Erfolg und Zufriedenheit mehr gehörte als nur blind dem Geld zu folgen. Was dieses Mehr war, wusste sie noch nicht so recht. Aber sie war entschlossen, es herauszufinden.“
Trailer zum Buch
Alle Bände der Reihe
1. Wildwood
2. Wildwood – Das Geheimnis unter dem Wald
3. Wildwood – Der verzauberte Prinz
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Persönliche Bewertung
Die Wildwood-Chroniken verzaubern und begeistern auch mit dem zweiten Band
Band zwei der Wildwood-Reihe greift die Geschichte dort auf, wo der erste Band endete. Die wichtigsten Geschehnisse werden im Verlauf der Handlung wiederholt, sodass „Das Geheimnis unter dem Wald“ prinzipiell auch gelesen werden kann, ohne den Vorgänger vorher zu kennen. Es hilft dem Lesespaß jedoch erheblich, die Charaktere und Zusammenhänge im ersten Band kennengelernt zu haben. An Spannung steht dieser zweite Band dem Auftakt der Reihe in nichts nach. Die wichtigsten Charaktere sind hier wieder Prue und Curtis, als zweiter Handlungsstrang kommen jedoch die Abenteuer von Curtis‘ Schwestern dazu. Daneben erfährt der Leser weitere Hintergründe über die Geschichte des Wilden Waldes und der Waldianer sowie des Ratsbaumes, auch der „Waldzauber“ wird erklärt und trägt zu einer stimmigen und ebenso faszinierenden Welt bei. Der Schlüssel zu dieser so großartigen Geschichte liegt neben den einrucksvollen Illustrationen in Meloys gekonnten Beschreibungen der faszinierenden Kulissen: die Schlucht mit dem Versteck der Räuber zum Beispiel oder die Maulwurfstadt aus Schrott. Stellenweise umschreibt der Autor Situationen sehr malerisch-kreativ, zur Freude aller Leser, die einen Sinn für schöne Sprache haben: „Das Laternenlicht kratzte nur notdürftig an der sie umgebenden Finsternis“ (S. 345).
Doch „Das Geheimnis unter dem Wald“ ist nicht nur mitreißend, sondern genauso tiefgründig. Die realen Bezüge der politischen Verstrickungen im Wilden Wald liegen auf der Hand (willkürliches Ausschalten der politischen Gegner, Anhänger fragwürdiger religiöser Richtungen, die ihren Fanatismus mit Härte verbreiten, usw.). Andere Anspielungen offenbaren sich vermutlich nur den Lesern, die gern zwischen den Zeilen lesen. Ein Beispiel ist Mr Unthanks Ausbeutung der Waisenkinder, der ihre Arbeitszeiten verlängert und sie mit falschen Versprechungen motiviert. Der skrupellose Industrielle macht sich die größte Sehnsucht der Kinder zunutze (ihrer Hoffnung, eine Familie zu finden) und nutzt ihre Notsituation aus – auch hier lassen sich Parallelen in der Wirklichkeit finden, die zum Nachdenken anregen. Ein weiteres Beispiel ist Desdemonas Situation und ihre Motivation, sich mit Mr Unthank und seinen Hirngespinsten einzulassen (siehe Zitat) sowie ihre Erkenntnis, dass es da noch ein „Mehr“ geben muss. Daneben geht es um große Themen wie Freundschaft, Verrat, Sehnsüchte und Träume, Gier, Selbstsucht und Skrupellosigkeit sowie die Treue zu Freunden und der eigenen (Wahl-)Familie.
Doch es gibt auch einige fragwürdige Aspekte, deren etwas reflektiertere Darstellung wünschenswert gewesen wäre: Beispielsweise der unkritische Umgang mit dem Thema Zirkus oder die Tatsache, dass einer der Kinder/Jugendlichen in der Peripherie raucht und das Rauchen/Trinken so unkritisch bzw. positiv dargestellt wird: Die Kinder freuen sich, dass niemand ihnen etwas verbietet; später merkt ein Kind an, dass sie noch genug Zeit dafür haben, wenn sie erwachsen sind, ein kritisches Hinterfragen dieser Gewohnheiten findet jedoch leider nicht statt. Erfreulich wiederum ist das Fehlen von Geschlechterklischees: Prue ist in keinem Aspekt ein „typisches“ Mädchen, und auch die anderen Kinder verhalten sich nicht stereotyp. Das beste Beispiel hierfür ist einer der unadoptierbaren Jungen, der strickt!
Wildwood ist auch in diesem zweiten Band keine rosa Zuckerwatte-Geschichte, der Autor ist in der Beschreibung aktueller und vergangener Konflikte durchaus auch von deutlicher (aber der Handlung angemessener) Brutalität: Da gibt es zum Beispiel abgehackte Hände und ausgestochene Augen oder den Verrat von Verbündeten für ein Suchtmittel (Ambrosia). Als Ausgleich ist „Das Geheimnis unter dem Wald“ auch auf humorvolle Weise unterhaltsam. Dazu tragen vor allem Prues Ironie und Septimus‘ freche Kommentare bei. Herrlich amüsant sind auch die skurrilen Charaktere der unterirdischen Maulwurfarmee, ihnen voran Sir Timothy Mole und der alte Maulwurf Bartholomew Mole. Die beschränkte und sehr traditionsbewusste, auf reinem Glauben basierenden Vorstellungen der Maulwürfe sind wieder einmal ein Spiegel bestimmter gesellschaftlicher Aspekte und laden kritische Leser zum Hinterfragen ein.
Zwar werden einige Handlungsstränge dieses zweiten Bandes abgeschlossen, das Ende ist jedoch deutlich offener als das des ersten Bandes. Auf ein gelöstes Problem kommt mindestens eine neue Herausforderung, und so bleibt es spannend bis zum Erscheinen der Fortsetzung dieser bezaubernden Reihe aus der Feder von Colin Meloy und seiner Frau Carson Ellis.
Fazit
Die Einheit aus fantasievoller Geschichte, Colin Meloys ausdrucksstarker Sprache (treffend übersetzt von Astrid Finke) und Carson Ellis‘ wunderschönen Illustrationen verliert auch in diesem zweiten Band nicht an Faszination und Charme. Eine ganz besondere Reihe und ein echter Schatz für das bibliophile Bücherregal!
- Originaltitel
- Wildwood Chronicles, Book 2: Under Wildwood
- ISBN10
- 345326715X
- ISBN13
- 9783453267152
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013
- Gebundene Ausgabe
- 592 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 10 Jahren