Unter meinen Schwingen der Wind
Zusammenfassung zu “Unter meinen Schwingen der Wind”
Die Störche Adebar und Schneeweiß werden in einem Storchennest in Niedersachsen geboren. Das Besondere an ihrem Heimatort ist die Tatsache, dass Störche aus dieser Gegend nicht den gleichen Weg in ihr Winterquartier nehmen: Während einige nach Südosten über den Bosporus ziehen, fliegen andere nach Südwesten über Gibraltar nach Afrika. Der Storch Adebar erzählt von seinem langen Flug über Gibraltar, während Schneeweiß von ihren Erlebnissen auf der Ost-Route berichtet. Es ist ein langer Weg nach Afrika, auf dem die Störche das sich verändernde Land der Menschen aus der Vogelperspektive betrachten. Auf ihrer Reise müssen sie vielen Gefahren trotzen: Stürmen, natürlichen Feinden und den Gewehren der Menschen. Auch macht ihnen die zunehmende Bebauung durch den Menschen zu schaffen. Letztendlich schaffen es jedoch beide Störche nach Afrika und wieder zurück.
Zitate
„Wir strebten irgendeinem Donauzufluss jener großen Wasserader entgegen, die sich uns instinktiv als Landmarke eingeprägt hatte, über Generationen hinweg. Ab der von Menschen ‚Regensburg‘ genannten Stadt folgten wir jedem Wasserlauf ostwärts, über Passau und Linz nach Wien. War das eine riesige Stadt! Beklommen äugte ich nach unten: Häuser, Häuser, bis zum Horizont – ein Häusermeer, ein gigantischer Ameisenhaufen – und nirgends ein Platz zum Ausruhen. In die Gärten und Parks trauten wir uns nicht, nur ein einzelner zahmer Storch ging dort nieder. Wir folgten ihm nicht, obwohl es uns in den Flügeln juckte, dort ebenfalls zu landen. Wir überflogen daher nonstop die Stadt, aus der ein besonders großer, merkwürdig spitzer Turm emporragte, der aussah wie ein hünenhafter, steinerner Storchenschnabel, an dem viele kleine Erdklümpchen hängen geblieben waren. Ich wunderte mich, wozu die Menschen sowas bauten. Vielleicht wollten sie den stochernden Störchen ein Denkmal setzen? Auch hatten sie in einem Park eine Art Riesenlaufrad für Hamster, nur dass sie selbst darin fuhren.“
Persönliche Bewertung
Eine interessante Idee, jedoch zu sehr vermenschlicht und für die Zielgruppe wenig geeignet erzählt
Die Idee, ein Buch über die Reise der Störche zu ihren Winterquartieren aus Sicht der Vögel zu schreiben, ist durchaus innovativ und bietet das Potenzial, Kinder für Umweltthemen zu sensibilisieren und ihnen die Welt der faszinierenden großen Vögel näherzubringen. Der Autorin ist ihr Engagement für Umweltschutz deutlich anzumerken, das sie in ihre Geschichte einfließen lässt, manchmal jedoch etwas gezwungen daherkommt. Einer der größten Kritikpunkte ist die Frage nach der Zielgruppe des Buches: Für Kinder ist die Geschichte zu schwer zu verfolgen und wenig spannend, es fehlen farbige und ansprechende Illustrationen, um sich die erwähnten Tiere und die überflogenen Landschaften vorstellen zu können. Die Bleistiftzeichnungen der Autorin mögen zwar liebevoll ausgeführt sein, sie gleichen jedoch eher skizzenhaften Studien als geeigneten Illustrationen für ein Kinderbuch. Auch für Erwachsene ist das Buch wenig geeignet, denn um etwas über Störche zu lesen, bedarf es keiner solch langen Erzählung, ein Sachbuch erfüllt diesen Zweck besser.
Rebecca Netzels Sprache ist zwar recht anspruchsvoll, doch fehlt ihr ein wenig die Poesie. Auch ist das Buch für seine junge Zielgruppe nicht kindgerecht genug geschrieben, es werden Begriffe wie zum Beispiel „Thermik“ verwendet, die nicht erklärt werden. Die oft recht langen Sätze der Autorin tragen zusätzlich dazu bei, die Lektüre zu erschweren; eine flüssige, wohlklinge und leicht lesbare Sprache fehlt dem Buch leider.
Inhaltlich lässt die Erzählperspektive aus der Sicht der Störche die Geschichte zwar lebensnäher wirken, doch werden die Vögel zu sehr vermenschlicht. Es ist fraglich, welche der menschlichen Emotionen ein Storch tatsächlich verspüren mag. Auch ist die Perspektive wenig konsequent gewählt: Während für manche menschlichen Erfindungen der Versuch unternommen wurde, sie aus Sicht der Störche mit Vergleichen zu schildern, werden andere Bauwerke einfach benannt, obwohl ein Storch weder ihren Namen noch ihren Sinn wissen kann. Auch die Vergleiche selbst sind nicht immer logisch – woher soll schließlich ein frei lebender Storch zum Beispiel ein Hamsterrad kennen? Kurz gesagt, es entsteht eher der Eindruck, als würde die Geschichte von einem mit den Störchen mitfliegenden Menschen erzählt, nicht von einem Storch selbst. Genau dieser Punkt macht „Unter meinen Schwingen der Wind“ auch als Sachbuch wenig geeignet, denn es ist nicht nachvollziehbar, was ein Storch tatsächlich erleben mag und wo er von der Autorin vermenschlicht wurde und das Erlebte aus menschlicher Sicht erzählt wurde.
Fazit
Eine gut gemeinte und kreative Idee, in der Umsetzung jedoch leider im Hinblick auf Sprache und Inhalt wenig geeignet für die Zielgruppe.
- ISBN10
- 3897747812
- ISBN13
- 9783897747814
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2011
- Broschierte Ausgabe
- 110 Seiten