Der goldene Schwarm
Zusammenfassung zu “Der goldene Schwarm”
Joe Spork ist Uhrmacher und führt das Geschäft seines Großvaters fort, da er nicht in die Fußstapfen seines Großvaters, des berüchtigten Verbrechers, treten möchte. Sein Freund Billy Friend vermittelt ihm eines Tages einen mysteriösen Auftrag: Joe soll eine Maschine reparieren, die sich als Teil eines größeren Gebildes entpuppt, das sich im Besitz eines schrulligen Mannes befindet, der in einem Gewächshaus wohnt. Mit Joes Hilfe wird ein Mechanismus in der großen, an einen Bienenstock erinnernden Maschine in Gang gesetzt, der eine Anzahl mechanischer Bienen freisetzt. Welche Bedeutung dieser Auftrag für sein Leben und die globale Sicherheit hat, stellt sich in der folgenden Zeit heraus: Joe findet eine schaurige Szene in der Wohnung seines Freundes vor und wird anschließend öffentlich als Verbrecher gesucht. Dank seines Kontaktes zu einer einflussreichen und wohlhabenden Anwaltskanzlei gelingt es Joe zu verschwinden, doch es stellen sich immer mehr Fragen und schon bald wird klar, welche Katastrophen die mechanischen Bienen auslösen…
Unterdessen genießt die Agentin und Spionin im Ruhestand Edie Banister ein unaufgeregtes Leben, bis sie mehrere zwielichtige Gestalten aufsuchen und sie all ihrer früheren Fähigkeiten bedarf, um ihr Leben zu retten. Gemeinsam mit ihrem treuen blinden aber kampferfahrenen Hund flieht Edie aus ihrer Wohnung und stellt sich ihrer Vergangenheit und ihrem lebenslangen Kampf gegen einen skrupellosen Diktator, den sie längst beendet glaubte, der jedoch ein Nachspiel globalen Ausmaßes nach sich zieht…
Wichtige Charaktere
- Joshua Joseph Spork, genannt Joe
- sein Vater Mathew „Tommy Gun“ Spork
- sein Großvater Daniel Spork
- Edie Banister, Spezialagentin im Ruhestand
- Polly Cradle
- Mercer Cradle
- Billy Friend
- Esther Françoise Fossoyeur, genannt Frankie
- Bruder Sheamus
- Shem Shem Tsien, der Opium-Khan
- Jasmine Abel
- Rodney Titwhistle
- Arvin Cummerbund
- Vaughn Parry
Zitate
„Der Nachtmarkt ist ein Traum. Er ist das magische Herz der Stadt, und wie Mathew vertraulich versichert, gibt es auf der ganzen Welt nichts, was vergleichbar großartig und magisch wäre. Joshua Joseph weiß mit instinktiver Leidenschaft, dass es der geheimste, bemerkenswerteste, unvorstellbarste Ort auf der ganzen Welt ist, und noch umso wunderbarer, weil er ständig umherzieht. Er ist ein Umschlagplatz für alles und jeden. Steuern und Zolltarife haben keine Bedeutung in dieser im Dunkeln liegenden, von Fackeln erleuchteten Feste, in der der Handel mit verbotenen Waren und Piratenschätzen blüht.“
„Die Nacht ist sehr still und sehr kalt. Auf der Chantry Road, im Herzen von Londons Finanzmarkt, schlafen die hohen, herrschaftlichen Gebäude. Selbst die modernen Stahl- und Glaskonstruktionen, die durch schiere Größe das Vermächtnis aus Blut, Kunst und Unterwerfung auszustechen versuchen, sind geschlossen und kalt. Lichter brennen in den oberen Stockwerken,wo Börsenhändler und Analysten dem Beruf ein weiteres Mal den Vorzug gegenüber der Familie geben – in dem verzweifelten Bemühen, sich einen Weihnachtsbonus zu verschaffen, den sie nicht ausgeben können, weil ihnen die Zeit dazu fehlen wird.“
Trailer zum Buch und kurze Lesung des Autors auf deutsch
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Persönliche Bewertung
Ideenreicher Roman über das Risiko der Wahrheit
Ist vollkommene Ehrlichkeit erstrebenswert? Kann die Wahrheit gefährlich sein? So gefährlich, dass sie den Frieden bedroht? Um diese Frage spinnt Nick Harkaway die Handlung seines Romans „Der Goldene Schwarm“. Was würde es für die Welt bedeuten, wenn es plötzlich keine Lügen mehr gäbe, allen ohne Ausnahme die Wahrheit bekannt wäre? Was zunächst nach einer wunderbaren Vorstellung klingt, hat in dieser Geschichte Kriege und Chaos zur Folge, da alle bisherigen Intrigen und Unehrlichkeiten ans Licht kommen, auf politischer, wie auch auf persönlicher Ebene. Schnell wird klar: „Zu viel Wahrheit kann nicht geduldet werden.“ (S. 354) Doch wie kam es dazu? Durch die Arglosigkeit eines Genies, das davon überzeugt ist, der Welt einen großen Dienst zu erweisen und viel zu spät erkennt, dass die Menschen nicht bereit sind für die uneingeschränkte, ungefilterte Wahrheit.
In diesem Agentenroman treffen verschiedene interessante Charaktere aufeinander. Im Mittelpunkt stehen der Uhrmacher Joe Spork, ein vermeintlich ganz normaler junger Mann mit einer überdurchschnittlichen mechanischen Begabung, sowie die zauberhafte Edie Banister, eine sehr rüstige alte Dame mit bewegter Vergangenheit, die mit ihren eigenen Mitteln den Gegnern noch immer gefährlich werden kann. (Wer nach dem Klappentext glaubt, die Handlung würde einen starken Fokus auf dem gemeinsamen Kampf von Joe und Edie setzen, mag enttäuscht werden. Den Großteil der Geschichte müssen sich die beiden Charaktere getrennt voneinander bewähren, soviel sei verraten.)
Erzählt wird die Geschichte durch einen auktorialen Erzähler, der seinen Blick abwechselnd auf verschiedene Charaktere legt, in erster Linie auf Edie und Joe. Rückblenden in Edies Vergangenheit und Joes Familiengeschichte sorgen dafür, dass sich die Zusammenhänge erst sukzessive zu erkennen geben und Aufmerksamkeit beim Verfolgen der verschiedenen Stränge der komplexen Handlung gefragt ist. Die Perspektivwechsel tun ihr Übriges zu einem anspruchsvoll erzählten Roman, aus dem sich die eine oder andere Lektion herauslesen lässt. Beispielsweise die Weisheit, dass man einen Menschen und seine Taten nicht verurteilen sollte, ohne seine Motive zu kennen. Für den Anspruch in der Geschichte sorgen zudem sozialkritische Töne, die der Autor durch die Gedanken seiner Charaktere äußert, beispielsweise in Bezug auf Moral und Glauben. Abgerundet wird der Roman durch solch atemberaubende Kulissen wie die geheimnisvolle Atmosphäre des Nachtmarkts oder die märchenhafte Uhrmacher-Werkstatt sowie die Bekanntschaften mit der Londoner Verbrecherwelt, die sich letztendlich als ehrbarer herausstellen als die Staatsgewalt.
Für den Steampunk Anklang in der Geschichte sorgt zum Beispiel der mechanische Bienenstock oder der faszinierende Zug, in dem Edie eine wichtige Zeit ihres Lebens verbringt. Und zuletzt seien auch die erfreulich klischeefreien Aspekte der Geschichte gelobt: die rührende aber problematische Liebe zwischen zwei Frauen sowie die Tatsache, dass eine Frau die Rolle der genialen Wissenschaftlerin einnimmt. Doch dieses Buch kann nicht jedem empfohlen werden, denn die teilweise sehr plastisch beschriebenen Folterszenen, denen Joe über Seiten des Buches ausgesetzt ist, sind wahrlich nichts für nervenschwache oder sensible Gemüter. Hierbei ist jedoch die Brutalität kein Selbstzweck, sondern ein wichtiger Bestandteil in Joes Entwicklung, die ohne diese grausamen Szenen weniger überzeugend ausfallen würde.
Fazit
Aus einer ebenso simplen wie faszinierenden Grundidee, einer hinreißenden fast 100-jährigen Agentin, einem scheinbar unbesiegbaren Diktator und einem unheldenhaften Uhrmacher zaubert Nick Harkaway einen ebenso kritischen wie unterhaltsamen Roman. Nichts für zart Besaitete, für alle anderen: Wunderbar!
- Originaltitel
- Angelmaker
- ISBN10
- 3813505340
- ISBN13
- 9783813505344
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2014
- Broschierte Ausgabe
- 608 Seiten